Wetterprognosen gehören zu den meist beachteten Beiträgen in den Medien
und darum wissen wir alle, dass es Schönwetter- und Schlechtwetterwolken gibt.
Transferiert man die aktuelle Schweizer Eishockeygrosswetterlage auf
herkömmliche Wetterprognostiker so würde das in etwa so tönen:
Die Muotathaler Wetterfrösche:
Es schaut gut aus, wir orten prächtiges Wetter am Schweizer
Eishockeyhorizont! Die Oberschenkel unserer Eishockeycracks sind so stramm wie
noch nie! Zuschauerrekord in der Liga und in der Finalserie! Weitere ermutigende
Muotathaler Beobachtungen: Schweden wurde in offiziellen Länderspielen zweimal
bezwungen, die U18 hat an der WM gegen Tschechien gewonnen und die Playoffspiele waren von einer
unheimlichen Intensität und taktisch/strategisch schlicht und einfach
Weltklasse, Eishockeyschach. Wir waren Zeugen des besten Playoff-Finals aller
Zeiten. In der NHL spielen so viele
Schweizer wie noch nie und Sven Bärtschi gilt als grösstes Talent in der
gesamten Organisation der Calgary Flames!
SF Meteo:
Aprilwetter ist angesagt. Wir haben von allem etwas und dies in schnell
wechselnder Reihenfolge. Zürich - gemäss internationaler Umfrage nach Wien die
zweitbeste Stadt der Welt - trifft im Finale auf die Schweizer Hauptstadt, eine
bessere Affiche ist undenkbar. Das Finale war Spannung pur, über das
spielerische Niveau wollen wir jetzt nicht sprechen und wenn wir nicht über die
Landesgrenzen hinausschauen so fällt dies auch kaum auf, so ganz nach dem
Motto: Der Tod jeden Glücks ist der Vergleich. Unsere Juniorennationalteams
halten sich seit Jahren stabil in der A-Gruppe und in lichten Momenten fordern
wir sogar die Top-Nationen. Fairerweise müssen wir konstatieren, dass wir jetzt
auf U18-Stufe zweimal hintereinander gegen Deutschland verloren haben. Unsere
Jungs drängen nach Nordamerika und neu versuchen sie sich sogar in Schweden.
Noch nie hatten wir so viele Söldner im Ausland. Ja, es ist korrekt, die
wenigsten davon spielen in ihren Teams eine Hauptrolle, aber ein Anfang ist
gemacht. Unser Juniorenprogramm ist stabil, am meisten profitiert die NLB,
deren Niveau durch den Einfluss vieler junger Spieler in den letzten Jahren
merklich gestiegen ist. Wo sind die
Top-Shots, die absoluten Weltklassespieler? Das ist für eine kleine Nation wie
die Schweiz zu viel verlangt, wir müssen zufrieden sein mit dem was wir haben.
Sie sehen: Aufhellungen wechseln ab mit Schauern und Gewittern, Wind und Kälte
mit sanftem Sonnenschein. Wir sind doch zufrieden, oder nicht?
Die Meteo-Centrale von Jörg Kachelmann meldet:
Unwetterwarnung! Der Zuschauerrekord täuscht, substanziell verlieren wir
Zuschauer, die Zahlen beim SCB und dem ZSC, den grössten Zuschauermagneten,
zeigen leicht aber kontinuierlich nach unten. Nur neue Stadien halten diesen Trend
kurzfristig auf, in Rapperswil ist diese Vitamintablette aber bereits verpufft
und in Zug wird es in zwei bis drei Jahren vermutlich nicht anders sein.
Alarmierend die Zuschauerzahlen bei den meisten Tessiner-Derbies. Die aktuellen
Playoffs werden diese Negativtendenz nur noch verstärken denn nicht Wenige
werden sich überlegen, für normale Spiele Eintritt zu bezahlen wenn doch die diesjährigen
Playoff vermeintlich zeigen, dass die Regular-Season mehr oder weniger
bedeutungslos ist. Zudem hat die
diesjährige Playoff-Finalserie spielerisch enttäuscht. Die U18 ist nun zum
zweiten Mal hintereinander um ein Haar abgestiegen und wurde zweimal (2011 und
2012) von den Deutschen vorgeführt, ja gedemütigt. Nach zwei Schweizer Spielen
wurde der Schweizer NHL-Scout von seinem
Chef zu anderen Spielen abkommandiert denn es gab bei den Schweizern aus
NHL-Sicht schlicht nichts zu sehen. Nein, leider rein gar nichts! In einer professionellen
Umfrage bei nordamerikanischen Hockeyexperten wurden in den NHL-Franchises die
besten 300 Junioren gesucht und bewertet. Mit Sven Bärtschi ist nur ein
einziger Schweizer in diesen Top300! Im Vergleich: Deutschland stellt sechs
Spieler, die Slovaken immerhin noch drei und selbst die Dänen zwei. Die
Anzeichen stehen auf Sturm und speziell im Kt. Graubünden ist mit
Ueberschwemmungen und Verwüstungen zu rechnen. Wenn wir die U16, U15 und U14
analysieren müssen wir feststellen, dass in der einstigen Eishockeyhochburg
Graubünden kaum mehr Spieler produziert werden.
Einfache, zufriedene Menschen – die immer wissen was richtig und falsch
ist – erfreuen sich am Charisma und der naturalen Urkraft der Muotathaler
Wetterschmöcker. Otto Normalverbraucher
des Eishockeys verlassen sich auf die diplomatische, belanglose und ausgewogene
Prognose des Thomas Bucheli von SF Meteo.
Die Vorantreiber, die Bessermacher und Medaillenträumer nehmen die mit
viel Pathos gewürzte angekündigte Schlechtwetterfrontprognose ernst. Sie müssen
sie ernst nehmen! Ein Hagelsturm ist nicht auszuschliessen und dagegen helfen
nur Raketen. Haben wir die oder sind wir wenigstens gewillt, solche zu bauen?
Soll sich jeder die Wetterprognose aussuchen die für ihn passt und ihn
glücklich macht.
Einen sonnigen Sommer wünsche ich allerseits!
Thomas Roost, Central
Scouting Europe, NHL Stallikon,
27. April 2012