Sunday, May 17, 2015

Meine dreiteilige WM-Analyse / Teil 3

Meine Analyse ist dreiteilig und wir in folgende Themenblöcke gegliedert:

1. Die Schweiz. Zum ersten und zweiten Teil bitte nach unten scrollen, meine Blogbeiträge erscheinen in umgekehrt chronologischer Reihenfolge.

2. Was ist aus Schweizer Sicht zu tun?

3. Die WM und die internationale Eishockeyhierarchie

Teile meiner WM-Bilanz am TV
Wer bewegte Bilder meinen "literarischen Ergüssen" vorzieht dem sei folgender Link empfohlen:
http://sportalhd.com/live/137990/the_hockey_week%2C_13.05.2015




Diese Zeilen werden vor dem Traumfinale CAN vs RUS geschrieben.
Wenn man sich betr. Topspielern auf dieses Traumfinale vorbereiten will dann wird man von Informationen förmlich erschlagen, ein "Overkill" an Infos, derart viele Superspieler geben sich ein "Stelldichein".













Es war qualitativ, vom spielerischen Gehalt her gesehen, die beste WM „ever“. Ich habe grossartige Spiele, sensationelle Tore, atemberaubende Einzelaktionen, Skills, Speed, Dynamik und Spielfreude gesehen. Mein Eishockeyherz freut sich auch ganz besonders, dass zwei Teams im Finale stehen bei denen „pure offense“, Kreativität und Mut zum Risiko im Vordergrund stehen. 

Ein weiteres Beispiel zur Relativierung der immer wieder gehörten These: Offense wins games, defense wins championships. Heute, am 17. Mai 2015, wird ein Champion gekürt der offensiver nicht ausgerichtet sein könnte. Egal ob dies Kanada sein wird mit ihrer megaattraktiven „Harlem-Globetrotters-Showtruppe“ oder Russland mit ihren Schmetterlingen Malkin, Ovechkin, Tarasenko, Panarin etc. Trotz verletzungsbedingter Ausfälle auf der Verteidigerposition hat Russland den letzten Meldeplatz nicht mit einem Verteidiger... sondern mit Ovechkin besetzt. Ein bemerkenswerter Entscheid. Russland und Kanada wollen nicht nur Weltmeister werden sondern sie wollen den Titel mit attraktivem Spiel und spektakulären Spielern holen. Das aus meiner Sicht ultimative Ziel das sich alle immer setzen sollten, egal in welchem Land, egal in welcher Meisterschaft und egal in welcher Liga. Der Gewinn von Meisterschaften mit einer destruktiven Spielanlage ist zwar ein „Mü“ wahrscheinlicher als wenn man mutig und spektakulär spielt aber es führt „im big picture“ in eine Sackgasse. Wir müssen ja Eishockey als „Entertainment“, als Spektakel verkaufen und dabei stehen wir in Konkurrenz mit anderen Angeboten wie Fussball, Tennis, Theater, Konzerte etc. Gewinnen um jeden Preis darf nicht das Ziel sein. Gewinnen mit Spektakel – dies ist die ultimative Krone die angestrebt werden muss! Vor allem Kanada hat dies an dieser WM eindrücklich demonstriert. Selten war ein Team derart viel besser als alle anderen, egal ob sie jetzt das Finalspiel auch noch gewinnen oder nicht.  Danke Kanada für das Spektakel, danke Russland für die wegweisende Selektionspolitik der Spieler. Danke Ovechkin – eindrücklich wie er nach dem aufreibend verlorenen Kampf gegen die New York Rangers sofort ins Flugzeug gestiegen ist, um Russland zu unterstützen. Ovechkin ist ein positiver Wiederholungstäter. Er kommt offensichtlich IMMER wenn Väterchen Russland ruft, egal ob er 50, 70, 90 oder 100 Saisonspiele in den lädierten Knochen hat. Von diesem „Work-Ethic-Approach“ könnten sich einige andere Spieler eine Scheibe abschneiden..., auch bei uns.



In der Detailanalyse hat es sich bestätigt, dass der Niveau-Unterschied zwischen NHL-Mitläufern bis hin zu knapp mittelmässigen NHL-Spielern und den vielleicht 60 oder 70 besten Spielern aus den top europäischen Ligen nicht sehr gross oder sogar gering ist. Dies sehen wir Jahr für Jahr bei diesen Weltmeisterschaften denn in der Regel sind die Top-Nationen nicht so „high-end“ besetzt wie in diesem Jahr Kanada und Russland. Ebenso hat es sich bestätigt, dass der Unterschied zwischen den besten ca. 100 Spielern der Welt – die zu 95% in der NHL tätig sind – und dem Rest sehr erheblich ist. Die Kanada-Truppe war der beste Beweis, wie viel besser NHL-Stars sind als die soliden und ebenfalls gut ausgebildeten Spieler die in der Regel die Nationalmannschaftskader der anderen Nationen bilden. Differenziert ausgedrückt. Der grosse Leistungsunterschied zwischen der NHL und den besten anderen Ligen sind deren ca. 100 besten Spieler – ein grosser Qualitäts-Unterschied, aber auch ein Inszenierungs- und Verpackungsunterschied! Wie ungefähr Hotel Jungfrau Victoria zu IBIS.


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Die Erkenntnis, dass gute oder sogar sehr gute NHL-Spieler eine spürbare Qualitätsverbesserung für jedes Nationalteam bedeuten ist mittlerweile bis in jede Ecke der Eishockeywelt gedrungen und zwar unabhängig davon, welcher Nationalität die Nationalteamcoaches angehören. Wenn Ovechkin zu haben ist, dann will ihn Russland, wenn Plekanec kurfzristig abrufbar ist, dann spielt er am nächsten Tag für Tschechien und wenn wir in der Schweiz Streit haben können dann ist das vorläufig ein absoluter „No-Brainer“.

Ein spezieller Abschnitt verdient die USA. Es ist sehr eindrücklich was die USA seit ungefähr 10 Jahren im Eishockey an Qualität produziert. Ihr NDTP-Programm ist wegweisend – sehr schade, dass Pläne für eine Light-Version davon in der Schweiz begraben wurden - und man spürt auch, dass die USA die grosse Sportnation ist mit der grössten Erfahrung im Bereich Talentmanagement, Trainingslehre und Analytik. Heute ist das US-Hockey auf einem Niveau angelangt, bei dem sie sogar eine U23-Truppe an die WM mit berechtigten Medaillenchancen schicken kann. Seit Jahren hat die USA im Juniorenbereich zu Kanada aufgeschlossen und gewinnt regelmässig die U18-WM. Nicht zu vergessen, an der vor wenigen Wochen in Zug/Luzern zu Ende gegangenen U18-WM hat die USA überlegen den Titel geholt und zwar ohne fünf potenzielle NHL-Erstrundendraftpicks die aus verschiedenen Gründen nicht nominiert wurden. Dies führt dazu, dass die USA heute auch bei den Senioren definitiv zu Kanada aufgeschlossen hat. Ihr bestes Spielermaterial ist im Vergleich zu Kanada gleichwertig und im Direktduell gibt es keinen Favoriten mehr. Respekt vor dem US-amerikanischen NDTP-Programm! Respekt vor den vielen heranwachsenden jungen US-Weltklassespielern!
Jack Eichel, nicht zu verwechseln mit Prinz Harry ;-)


Zum Schluss meine internationale Hierarchietabelle (Stand Mai 2015) Dies auf einer Skala von 0-100 Qualitätspunkten.

Qualitäts-Skala mit weltweit allen zur Verfügung stehenden Spielern, inkl. NHL:

Kanada: 95 (Tendenz = gleich bleibend)
USA: 94 (Tendenz = noch immer leicht steigend)
Russland: 92 (Tendenz = leicht sinkend)
Schweden 91 (Tendenz = gleich bleibend)
Finnland 86 (Tendenz = leicht steigend)
Tschechien 86 (Tendenz = nach einer Baisse jüngst wieder leicht steigend)
Schweiz  77 (Tendenz = gleich bleibend)
Slovakei 76 (Tendenz = leicht sinkend)
Weissrussland 75 (Tendenz = gleich bleibend)
Lettland 75 (Tendenz = leicht sinkend)
Deutschland 75 (Tendenz = leicht sinkend)
Frankreich 74 (Tendenz = leicht sinkend)
Norwegen 74 (Tendenz = leicht steigend)
Dänemark 74 (Tendenz = leicht steigend)
Slowenien 73 (Tendenz = sinkend)
Oesterreich 72 (Tendenz = gleich bleibend)

Skala der aktuellen WM-Kader in Prag  an der WM 2015:
Kanada: 92
Russland: 89
Schweden 83
Tschechien 83
USA 82
Finnland 81
Schweiz 75
Slovakei 75
Weissrussland 75
Lettland 75
Frankreich 74
Norwegen 72
Dänemark 72
Slowenien 72
Deutschland 71
Oesterreich 71

Auch hier, Kritik, Meinungsäusserungen, Lob, Ergänzungen „are more than welcome“


Ich wünsche allen Lesern spannende Stanley-Cup-Finalspiele und erholsame Sommertage bis es dann wieder heisst: „Hockey is on!“

2 comments:

  1. ciao Thomas, zu 100 % mit dir einverstanden wenn du von Ovechkin und auch Plekanec sprichst die sich nach einer langen Saison und einem sicherlich enttäuschenden out in den NHL-Playoffs sich für die Nationalmannschaft zur Verfügung stellen, chapeau ! finde es persönlich auch toll dass wir heute Abend im Finale zwei Teams sehen die für offensives Eishockey stehen mit x-Spielern mit Talent, man sieht aber auch dass die besten russischen Spieler der KHL wohl auch eine gute Rolle in der NHL spielen könnten, ich denke nicht nur an Kovalchuk. ebenso klar ist meiner Meinung nach dass die NHL weiterhin das Mass aller dinge ist, denn klar ist dass zb Kanada noch ein weiteres Team mit der genau gleichen Qualität an den Start schicken könnte. Zu den USA bin mal echt gespannt ob es dann 2018 bei Olympia endlich zum grossen Triumph reichen wird, ich glauben wir dürfen uns auf Duelle auf höchstem Niveau freuen.

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  2. Danke, Maurizio! 2018 wird die USA ein Team stellen, dass im Vergleich zu Kanada auf Augenhöhe und ohne Aussenseiterstatus antreten wird. Ob es zum Titel reicht... hierzu braucht es auch Schlachtenglück, auch gegen anderen gute Nationen. Resultate sind mitunter unberechenbar... aber papierformmässig: Ja, die USA gehört zu den absoluten Top-Favoriten 2018!

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