Meine Analyse ist dreiteilig und wird in folgende Themenblöcke gegliedert:
1. Die Schweiz (ab 15.05.15)
2. Was ist aus Schweizer Sicht zu tun? (ab 16.05.15)
3. Die WM und die internationale
Eishockeyhierarchie (ab 17.05.15)
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Meine WM-Bilanz im TV
1. Die
Schweiz
Die
Ausgangslage:
Die Schweiz
hat in den letzten 8 Jahren nur zweimal den Einzug ins Viertelfinale geschafft.
Die Schweiz ist aber mittlerweile so gut, dass das Viertelfinale als zwar hohe
aber realistische Zielsetzung genannt werden darf/kann/muss denn die
diesbezügliche Konkurrenz (Slovakei, Weissrussland, Deutschland, Lettland,
Frankreich, Norwegen, Dänemark u.a.) sind in unserer realistischen Reichweite,
so dass wir gegen diese Gegner mit einer 60%igen Chance für Punktgewinne
rechnen dürfen. Das Resultat: Das aus meiner Sicht keinesfalls anspruchslose
Ziel wurde erreicht. Gegen die direkte Konkurrenz haben wir vielleicht einen
Punkt weniger geholt als ich geglaubt habe, dafür gab es einen Punkt mehr als
erwartet gegen die Grossen. Ja, ich glaube auch, dass uns der Fahrplan geholfen
hat und die Punkte gegen Schweden und Tschechien gegen Gegner erreicht wurden,
die im Hinblick auf die K.O.-Runde etwas Gas weggenommen haben. Aber dies ist
nicht viel mehr als das Finden des Haares in der Suppe.
Vor allem
für diejenigen für die nur das Resultat zählt muss die WM aus Schweizer Sicht
ein voller Erfolg sein denn die Viertelfinalqualifikation ist etwas mehr als das was man aufgrund der
Resultate aus der Aera Krüger/Simpson erwarten durfte. Aus reiner Resultatsicht
ist Hanlon bis jetzt erfolgreicher als seine Vorgänger. Ok, nur zwei Siege,
viele Niederlagen, man könnte die Resultate auch kritischer interpretieren,
aber dann müssen die rein Resultatgläubigen anerkennen, dass Hanlon ein
„Winner“ ist, weil er die richtigen Spiele gewonnen hat ;-).
Verlassen
wir die Banalitäten. Ich habe höhere Ansprüche an Analysen. Mein Anspruch ist es, die wahrscheinlichen und
nicht die tatsächlichen Resultate zu analysieren. Im Falle der Schweiz decken
sich die wahrscheinlichen Resultate mit den tatsächlichen Resultaten ziemlich
gut. Gegen Oesterreich waren gemäss Spielverlauf eher zwei oder drei Punkte
wahrscheinlich. Hingegen lief vor allem das Frankreich-Spiel sehr für uns und
ich möchte nicht noch einmal gegen Frankreich spielen und dabei 3 Punkte holen
müssen. Das 1-0 gegen Deutschland war nicht unverdient wie auch der Punktegewinn
gegen Lettland. Noch einmal je einen
Punkt gegen Schweden und Tschechien gewinnen müssen? Eher nicht, eher
unwahrscheinlich. Das Problem bei der Einschätzung der realistischen
Ausgangslage ist noch immer die Silbermedaille 2013. Dieser Ausrutscher nach
oben verblendet noch immer die sachliche, unaufgeregte Beurteilung der
Leistungsfähigkeit unserer Spieler im Vergleich zur Konkurrenz. Realistisch
ist: Ja, eine erneute Medaille ist immer mal wieder möglich… aber, ein Abstieg
ist es auch. Ein allfälliger Abstieg wie auch eine Medaille sind Ausrutscher in
Ausnahmefällen. Unser Spielermaterial ist grundsätzlich zu gut, um abzusteigen,
aber zu schlecht für eine Medaille. Trotzdem sind beide Szenarien nie
auszuschliessen. Ich werde den Eindruck nicht los, dass einzelne Kreise noch
immer glauben, dass unser Spielerpotenzial zur Weltspitze aufgeschlossen hat
und Siege gegen die Nationen auf den Rängen 7-12 zur absoluten Pflicht
verkommen und einzelne Spiele sogar sehr deutlich gewonnen werden müssen. Dies stimmt
schlicht und einfach nicht. Unser Spielerpotenzial ist nur sehr unwesentlich
besser als dasjenige der Nationen auf den Rängen 7-12, falls überhaupt.
Kommen wir
zur Stärken/Schwächen-Analyse:
Beginnen
wir mit dem Positiven: Unsere Nationalmannschaft hat einmal mehr gezeigt, dass
sie betreffend Speed und Mobilität mit den Allerbesten mithalten kann. Auf der
Torwartposition war auch kein markanter Unterschied zu den Top-Nationen zu
erkennen, allerdings auch nicht zu den meisten kleinen Nationen. Mittlerweile
sind die meisten ernst zu nehmenden Eishockeyländer so weit, dass sie mindestens
einen akzteptablen Torhüter stellen können. Ebenfalls positiv - und dies ist bereits seit Jahren so – ist zu
vermerken, dass unsere Teams in aller Regel zu den „Hard-Working-Teams“ gehören
was die Arbeitseinstellung auf dem Eis betrifft. Ebenso nicht verstecken müssen
wir uns im Bereich „Spiel ohne Scheibe“. Für diesen Teilbereich hilft es, dass
unsere Spieler –wie bereits gesagt – im Durchschnitt mobil, flink und ziemlich
schnell sind.
Schwachstellen:
Wir sind
offensiv nach wie vor sehr harmlos. Es fehlt an „Handskills“, an der
Scheibenkontrolle die zu Ueberraschungsmomenten beim Kreieren von Torchancen
helfen, es fehlt an Passqualität und es fehlt vor allem an Schussqualität. Wenn
wir diese Defizite beheben dann müssen wir kaum mehr über fehlende
Powerplay-Effizienz sprechen. Die genannten Schwächen sind die Wurzel allen
Uebels. Es ist auch leichter, direkten Zug auf’s Tor zu kreieren, wenn man
seinen Aktionen mit feinen Handskills und/oder kleinen Körpertäuschungen
Ueberraschungsmomente voranstellt. Körperlich und betreffend dorthin gehen wo
es weh tut können wir auch noch nicht ganz mit den Allerbesten mithalten. Es
fehlt zum Teil an Schubkraft aus dem Hüft/Bein-Bereich, an Stabilität auf den
Schlittschuhen (auch dies ein wichtiger Teilaspekt des Skatings) und teilweise an
Wasserverdrängung und Spannweite bei Spielern die ihren Mann im Slot stellen
müssen.
Bei der
Analyse der einzelnen Spieler will ich nicht lange verweilen denn es ist seit
längerer Zeit bekannt, dass Roman Josi unser erster und einziger
Weltklassespieler ist. Die Qualitäten eines Damien Brunner und Mark Streit
kennen wir auch, es ist müssig, an dieser Stelle näher darauf einzugehen. Nur
so viel: Es ist völlig normal – und total unabhängig vom Mann der an der Bande
steht – dass während eines WM-Turniers einige Spieler über und andere unter
ihrem normalen Niveau „performen“. Das ist in jeder Mannschaft bei jedem
Trainer so. Ja, Streit, Brunner, Suri haben eher unter ihrem normalen Niveau
gespielt aber ich hüte mich davor, dies zu überinterpretieren. An der nächsten
WM ist die Chance nicht gering, dass exakt diese latenten „Versager“ eine sehr
gute Leistung abliefern werden. Man kann den Formstand eines Eishockeyspielers
kaum planen, zu viele Zufälligkeiten spielen hierfür eine Rolle. Man muss als
„verhungernder“ Skorer ganz einfach akzeptieren, dass es im Verlaufe einer
Saison Wochen gibt in denen es unerklärlicherweise nicht läuft. Spieler, Fans
und Coaches hoffen selbstverständlich immer, dass man von diesen Wochen nicht
während einer WM heimgesucht wird...
Zum
Schluss, das Wichtigste noch einmal: Die Schweiz hat die Ziele erreicht und die
Zielsetzung lag immerhin über dem 8-jährigen Durchschnitt des jeweils
Erreichten.
Im nächsten
Blogteil werde ich darüber berichten, was aus meiner Sicht getan werden muss,
um die Schweiz in der internationalen Eishockeyhierarchie näher an die
Weltspitze zu bringen.
Sehr freuen
würde ich mich über Kommentare, Fragen etc. Ich werde mir in den meisten Fällen
die Mühe nehmen, diese zu beantworten.
ciao Thomas, finde es prinzipiell richtig dass wir von unserer Nati erwarten dass sie sich für die Viertelfinals qualifiziert, auch wenn es klar ist dass in einem solchen Turnier manchmal ein Detail über Erfolg oder Misserfolg entscheiden kann. glaube wir waren auf diesem Niveau offensiv schon immer von wenigen Spielern abhängig und glaube kaum dass sich daran kurzfristig etwas änderm wird auch wenn sicherlich junge mit Potential vorhanden sind. was wir sicherlich verbessern müssen ist die physische Präsenz vor dem Tor, dorthin zu gehen wo es weh tut, man sieht dies auch in der Meisterschaft dass es nicht so viele gibt welche diese Drecksarbeit machen, damit würden auch die Chancen höher dass wir auch auf diesem Niveau mal ein dreckiges Tor schiessen können. Dies beginnt alles mit der täglichen Arbeit.
ReplyDeleteEinverstanden, aber.... das tönt so furchtbar einfach. Jeder Spieler weiss ja, dass er dorthin gehen muss, das ist ja bekannt. Das Problem ist, man kommt nicht einfach dorthin mit einem grossen Body und dann erzielt man die schmutzigen Tore. Es wäre ja schön, wenn es so einfach wäre. Viele schmutzige Tore sind gar nicht so schmutzig, sondern basieren auf Stabilität auf den Schlittschuhen, schnelle Hände, kleine Körpertäuschungen die einem helfen einen Bruchteil einer Sekunde schneller agieren zu können als der Verteidiger im Slot, zu einem guten, wirkungsvollen Schuss ansetzen können auch wenn man aus der Balance gerät und keine Zeit hat - dies hat viel mehr mit komplexen Skills zu tun, als nur die simple Anweisung zu befolgen, mehr dorthin zu gehen wo es weh tut. Unsere Spieler sind keine Memmen, die versuche sehr wohl dorthin zu gehen wo es weh tut, aber sie können sich dort dann zu wenig durchsetzen (fehlende Skills und manchmal auch fehlende Wasserverdrängung). Vielen Dank für Deinen Beitrag, Maurizio, much appreciated! LG Thomas
ReplyDeleteciao, klar tönt es einfach aber ich vergleiche es manchmal mit der Musik, wo die Songs die jeder kennt z.B. Deep Purple - Smoke on the water, sich dadurch auszeichnen dass sie eine einfache melodie haben die jeder kennt. du weisst besser als ich dass die meisten Eishockey-Spiele vor beiden Slots entschieden werden und dort musst du die ein gegen eins battles gewinnen. leider haben nicht alle die feinen Hände der besten Skorer wie z.B. Kane um nur ein Beispiel zu nennen aber du kannst versuchen den Zweikampf vor dem Tor zu gewinnen und die Scheibe abzulenken oder den Rebound zu verwerten, aber genaudies muss bis zum geht nicht mehr trainiert werden. Andere Schwachpunkte kann man ja heutzutage gezielt trainieren, man hat ja die entsprechenden tools dafür.
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