Sunday, March 11, 2012

Playoff-Analysen und andere Geschichten aus dem Schweizer Eishockeyjahr 2020

Der HC Davos, der in der Regular-Season die ZSC Lions 7 x hintereinander besiegte, verliert mit RvA an der Bande gegen die ZSC Lions in der Viertelfinalserie sang- und klanglos mit 1:4. Pressestimmen: „Mit einem Coach wie dem legendären AdC wäre so was nie möglich gewesen, mit ihm hätte die Mannschaft auf den Punkt genau ihre Bestform abgerufen“.

Der HC Genève-Servette, mittlerweile gecoacht von Mike Keenan, scheitert in der ersten Runde der Playout-Serie gegen die Rapperswil Jona Lakers (an der Bande und im Büro geführt vom Hotelier Giusep Fry) knapp im siebten entscheidenden Spiel. Die Experten sind sich einig: „Das ohne Bewilligung kurzfristig vergrösserte Tor der Genfer ist nicht verantwortlich für die Niederlage gegen ein Team mit einem Coach ohne Trainerschein. Mit Chris McSorley wären die Genfer nie in eine solche Situation geraten und Chris hätte ganz bestimmt in einem entscheidenden Spiel mit seinen Tricks die Genfer zum Sieg gecoacht.“ Der SEHV reagiert genüsslich auf diese Genfer Pleite: „Mike Keenan hat keinen gültigen Trainerschein für die Schweiz, sein Scheitern war absehbar.“

Kevin Schläpfer hat die ZSC Lions vom unglücklichen Ron Wilson übernommen der von Sami El Assaoui vergeblich die krachenden Hits eines Dion Phaneuf und von Cyril Bühler den Speed von Phil Kessel gefordert hat. Endgültig gescheitert ist Ron Wilson nachdem er nach einer Medienkritik mit Arroganz auf seine Stanley-Cup-Ringe verwies bis ein findiger Fan in einem Forum beweisen konnte, dass er gar keine hat... Walter Frey hat Ron Wilson darauf hin wegen unethischem Verhalten sofort beurlaubt „bei der Anstellung hat er uns verschwiegen, dass er keine Stanley-Cup-Ringe hat, dies ist nach unserer Gesetzgebung ein Grund für eine fristlose Kündigung“.  Der Erfolg hat sich bei Kevin Schläpfer sofort eingestellt wie der überraschende Playoff-Erfolg über den HCD beweist. Er führt dies darauf zurück, dass er in Zürich medizinisch hervorragend betreut wird. Teamarzt Gerry Büsser schliesst ihn prophylaktisch vor jedem Spiel an einen Defibrilator an der nach jeder umstrittenen Szenen sofort aktiviert wird und blutdrucksenkende Mittel tun das Uebrige. Kevin Schläpfer muss aber in der Folge ohne seinen Assistenten Dino Stecher auskommen der von AdC niedergestreckt wurde nachdem ihn Dino Stecher in einem Interview als Favorit beim Malanser-Pokerturnier bezeichnet hatte.

Martin Steinegger kämpft in Biel im achten Amtsjahr als Sportdirektor noch immer ums Ueberleben des EHC und dies obwohl das Stadion seit 2013 in jedem Spiel restlos ausverkauft ist. Die Baubehörden haben aus sicherheitstechnischen Gründen die Stadionkapazität auf 1500 reduziert. Um Kosten zu sparen ist „Stoney“ nach dem Abgang von Kevin Schläpfer im Jahr 2014 zu den Huttwil Helvetics, in Personalunion Headcoach, Sportchef, Mentaltrainer und Mädchen für alles. Inzwischen haben die Bieler Verantwortlichen mit den Entscheidungsträgern der Zürcher Fussballclubs GC und FCZ zusammengespannt und zusammen mit dem Stararchitekten Peter Zumthor ein Triplex-Stadion (Fussball, Eishockey und Fliegenfischen) in Egerkingen geplant. Der positive Volksentscheid der Egerkinger Bevölkerung für dieses Projekt liegt erst 4 Jahre zurück (21 Ja- und 9 Nein-Stimmen, 4 Enthaltungen, Stimmbeteiligung 0.12%) und bis zur Erledigung sämtlicher Einsprachen – davon eine sehr ernst zu nehmende Lärm-belästigungsklage aus dem süddeutschen Raum - und der Wirtschaftlichkeitsprüfung für die Mantelnutzung wird mit maximal weiteren 6 Jahren gerechnet. Endlich etwas Optimismus beim FCZ, GC und dem EHC Biel.  

Der HC Lugano verliert trotz Sidney Crosby und den reaktivierten Vladimir Krutov, Igor Larionov und Sergei Makarov,  gegen Gottéron in sieben Spielen. Für Crosby ist es die ideale Liga, um seine Karriere zu verlängern weil er hier nie gecheckt wird, wie er sagt. Crosby erzielte in 4 Saisonspielen 23 Skorerpunkte, für den Rest der Saison hatte er mit unerklärlichen Kopfschmerzen zu kämpfen die immer dann besonders stark aufgetreten sind wenn in Lugano die Temperatur über 20 oder unter 15 Grad gesunken ist. Sportdirektor Otto Rehagel - der im Sommer John Sletvoll verpflichtete - erklärt die „Causa Crosby“ zur Chefsache: „Wir müssen bei Crosby die Temperatur-Toleranzgrenze um mindestens 4 Grad erweitern, dann werden wir Meister.“

Nach dem 14. Halbfinalout in Folge orten die Verantwortlichen beim EV Zug das Uebel im mangelnden Temperament der Headcoaches Doug Shedden (1. Mannschaft) und Leo Schumacher (Junioren). CEO Patrick Lengwiler im Originalton: „Wir wollen Meister werden und müssen darum noch eine Schippe drauflegen, Warmduscher wie Doug und Leo fahren ganz einfach zu wenig ein. Ich habe darum Hans Zach als Berater und Motivator verpflichtet“.

Die Langnau Tigers verloren in der Playoutserie gegen Andermatt-Piotta deutlich in fünf Spielen. Seit die Hardcore-Leventiner-Anarcho-Fans die leer stehenden Hotelsuiten in Andermatt besetzt halten fliesst wieder ägyptisches Geld auf die andere Seite des Gotthards und das Ausländerduo Sean Avery/Niklas Kronwall terrorisiert die gegnerischen Reihen. Der Namenswechsel auf Andermatt-Piotta bringt dem finanziell gebeutelten Tessiner Traditionsclub Jahr für Jahr 4 Mio ein. Diese 4 Mio sind nötig, um das strukturelle Defizit zu 50% ausgleichen zu können.

Das Langnau-Trainerduo Jan Von Arx/Bernard Rappaz beschwerte sich hingegen über eine zu gleichgültige und eine auf zu viele Wolken gebaute Einstellung ihrer Mannschaft. Auf  Anraten des Lokaljournalisten Klaus Zaugg werden die Tigers neuerdings vom Mentaltrainer AdC unterstützt der jeweils während den Tiger-Spielen per Skype live aus seiner Poker-Homebase im Zürcher Kreis 4 zugeschaltet wird und per Klopfzeichen den perfekten Zeitpunkt für ein Timeout bestimmt.

Der SC Bern kippte die Kloten Flyers erneut aus den Playoff und dies obwohl die Ausländer zum zehnten Mal in Folge von einer Gratiszeitung als die schlechtesten der Liga beurteilt wurden. Interessant nur, dass der SCB seit drei Jahren ohne Ausländer spielt und dies exakt seit VRP Marc Lüthi seinem Verwaltungsratsdelegierten Adrian Amstutz alle Kompetenzen bei der Spielerdisziplinierung übertragen hat. Zwei Monate nach dem Amtsantritt von Adrian Amstutz waren alle Ausländer ausgeschafft. Daniel Brière hat es nach einer Promillekontrolle erwischt (0.6), Dany Heatley wurde eine Parkbusse zum Verhängnis - sein Ferrari war zu breit, so dass ein Rad mit 2 cm über den weissen Begrenzungsstreifen hinausragte - Rich Peverly hat ohne Bewilligung in der Aare geangelt und Zdeno Chara wurde wegen Sachbeschädigung verurteilt weil er mit einem seiner Schüsse eine Plexiglasscheibe zertrümmert hat. Trainer des SCB ist übrigens Kent Ruhnke dessen Vertrag sich immer automatisch um ein Jahr verlängert wenn er das jeweils 13. Saisonspiel gewinnt, allerdings nur, wenn bei diesem Sieg immer mindestens 13 Tore fallen.

Die Kloten Flyers sind hingegen schon wieder gescheitert obwohl sie das Budget mittlerweile auf 30 Mio hochgeschraubt haben: Philippe Bruggisser, der neue Präsident der Flyers und mittlerweile rehabilitierte Wirtschaftskapitän, erklärt dies so: „Ob wir bei 15 Mio oder 30 Mio die Spielerlöhne nicht bezahlen können macht keinen Unterschied. Zudem haben wir mit den Akquisitionen von Traktor Bäretswil, des HC Ceresio und des SCUI ein grossartiges Fundament für spätere wirtschaftliche Prosperität gelegt. Die jährliche Spielerpräsentation findet fortan im Hotel Viktoria Jungfrau statt.“

Zum Schluss noch ein ernst gemeintes Statement eines der erfolgreichsten Sport-GMs aller Zeiten, Billy Bean, GM der Oakland A's: „Die Aufgabe der GMs ist es, ein Team zusammenzustellen das die Play-Offs erreicht. Die Play-Offs selbst sind vor allem vom Glück abhängig.“ Dies mein persönlicher Kommentar zu den immer wiederkehrenden endlosen Analysen der Nachkriegsgeneräle über die vermeintlichen Playoff-Helden und –Versager.

Stallikon, 11. März 2012 / Thomas Roost                         PlayoffAnalysenGeschichten2020.doc


Saturday, March 3, 2012

Statistikwüste Eishockeyschweiz


Ich sitze hier in der Schweiz und verfolge unsere heimischen Ligen live vor Ort mit unzähligen Spielbesuchen... und doch weiss ich viel mehr über die NHL- als über die Schweizer Spieler. Wer hat die besten Werte im Bullykreis? Wer die meisten Puckeroberungen und Puckverluste? Wer blockt am meisten Schüsse und wer am wenigsten. Wie viele Minuten Eiszeit bei Gleichstand benötigt ein Spieler im Durchschnitt um einen Scorerpunkt zu erzielen und wie viele Minuten benötigt er im Durchschnitt im Powerplay? Wie viele Scheibenkontakte hat ein Spieler im Durchschnitt pro 10 Minuten Eiszeit? Wer checkt am meisten und wer am wenigsten? Welche Spieler haben im Durchschnitt die meiste und welche die wenigste Eiszeit? Wer blockt am meisten Schüsse und welche Spieler stehen in der Sparte zuoberst wenn es darum geht, Gegentore zu verhindern. Aus welchen Positionen und mit welcher Art von Schüssen sind welche Spieler erfolgreich und welche Goalies verwundbar?

Wenn man sich für die NHL interessiert muss man sich die Urteile über Spieler nicht nur aus den Fingern saugen und/oder von Journalisten aufschwatzen lassen denn es finden sich in verschiedenen Publikationen Antworten auf exakt die vorerwähnten Fragen. Jeder kann sachlich über die Vorzüge und Nachteile von Spielern diskutieren, Polemik ist viel schwieriger zu platzieren weil sie leicht durchschaut und somit entkräftet werden kann. Nicht so bei uns. Unsere Urteile über Spieler basieren auf der nur zu ca. 90% korrekten Torschützenstatistik, der vielleicht zu 70% korrekten Assiststatistik und der Rest ist dunkle Nacht und nur rein subjektiv beurteilbar. Eine grosse Portion unseres „Hockeywissens“ ist nicht mehr als lächerlicher Humbug. Für viele Beobachter ist dies sehr ärgerlich weil sie glauben, sehr viel dieses Humbugs erahnen zu können, letztlich fehlen aber die statistischen Grundlagen um unseren Eishockey-Jahrmarkt von stimmungsmachenden Gauklern und Bauernfängern nachweislich zu entlarven.

Fehlende Statistiken sind auch ein Nährboden für exzellente Scouts die ja so viel mehr sehen und wissen als „normale“ Eishockeykonsumenten... könnte man meinen. Das Gegenteil ist der Fall: Viele Scouts überschätzen ihre Beobachtungsfähigkeiten und unterschätzen die Aussagekraft von detaillierten, professionell nachgeführten Statistiken. Intelligent aufgebaute Statistiken mit genügend Zahlenmaterial als Fundament führen zu 80% zu einer korrekten Spielerbeurteilung, die subjektive Beurteilung rundet das Bild mit lediglich ca. 20% ab. In diesem Zusammenhang empfehle ich das Buch „Moneyball“ von Michael Lewis. Es geht zwar in diesem Buch um Baseball aber mindestens indirekt ist es auch fürs Eishockey ein Fundus erster Güte.
 
Wir sind leider weltweit das einzige Eishockeyland mit einer Statistik- und Analysewüste. Nicht nur die NHL sondern auch die Minor- und Juniorenligen wie auch andere europäische Ligen sind uns diesbezüglich um Lichtjahre voraus. Vordergründig ist dies unbedeutend und aus der Vogelperspektive bleibt dies auch so; ob wir Spieler und Entscheidungsträger im Eishockey sachlich korrekt beurteilen ist für die Menschheit ziemlich unerheblich…

Nicht unerheblich ist es, wenn wir die Hockeyschweiz weiter professionalisieren wollen. Wir müssen dazu stehen: Wir wissen nichts über unsere Spieler, das Urteil aufgrund von simplen – und oft falschen – Zahlen zu Toren und Assists ist derart einfältig, dass in Diskussionen die wahren Experten von Warmluftproduzenten kaum unterschieden werden können. Kein Zufall darum, dass in der Schweizer Hockeyszene vor allem Verkäufer ihrer selbst als Helden portiert werden, was ich ihnen zwar gönnen mag aber nicht dazu führt, dass unser Hockey besser wird.

Wir lassen uns zu stark von teils skurrilen Meinungsmachern und vom Mob an der Nase herum führen wenn es darum geht, die Helden und die Deppen in unserer Liga zu bestimmen. Mit detailliertem statistischen Material können wir Diskussionen über unser Eishockey versachlichen und somit voranbringen. Hierzu gehört aber auch eine mentale Oeffnung. Nicht selten treffe ich auf eine Mauer des Schweigens und/oder offenes und latentes Misstrauen wenn ich versuche, nach verlässlichen Daten zu recherchieren. Welch ein mentaler Unterschied zur nordamerikanischen Hockeykultur in der von Detailstatistiken bis zu den Spielersalären alles offen gelegt wird. Vermutlich kommt uns dabei unsere Bunker- und Bankgeheimnismentalität in die Quere.

Ich möchte mit Fakten und echten Argumenten darüber diskutieren können wer denn die Besten sind im Schweizer Hockeyland und bin überzeugt, dass die Implementierung einer professionellen Statistikkultur im Schweizer Eishockey hervorragend investiertes Geld ist. Die vordergründig zusätzlichen Kosten werden durch die Vermeidung des einen oder anderen Fehltransfers mehr als kompensiert. Diese Einsicht muss reifen.

Stallikon, 3. März 2012 / Thomas Roost